Fachwerk in Altensteig

Altensteig ist Mitgliedsstadt der großen Themenroute Deutsche Fachwerkstraße. Die Deutsche Fachwerkstraße entstand aus der Idee, dem interessierten Besucher neben Erholung und Entspannung einbreites Spektrum historischer Tradition in Deutschland zu erschließen und so zum Erhalt und lebendigen Umgang mit fachwerkgeprägter Baukultur beizutragen.

Wieso ist unsere Stadt Mitglied dieser Themenroute? Ein kurzer geschichtlicher Abriss mag zur Klärung dieser Frage beitragen.

Im Laufe des 19 Jahrhunderts wurden viele Sichtfachwerke unter Verputz gelegt. Teilweise mag das daran gelegen haben, dass man steinernen Massivbau vortäuschen wollte. Vor allem aber sicherlich mit Brandschutzmaßnahmen im Zuge der im Herzogtum/Königtum Württemberg 1776 eingeführten staatlichen Gebäudebrandversicherung. Ein Sonderweg der Fassadengestaltung besteht darin, dass das Fachwerk mit Holz verblendet wurde. 

Im ältesten Altensteiger Brandversicherungskataster von 1776 werden die meisten Häuser der Oberstadt bezüglich der Fassade schon so beschrieben, dass sie zumindest auf der westlichen Wetterseite, meist aber rundum, mit Brettern verkleidet waren. Man nannte diese Fassaden „verbrettert“ oder „vertäfert“. Diese Technik machte die Fachwerkhäuser deutlich wärmer und trockener. Auch der Durchzug reduzierte sich, ein Nachteil des alten Sichtfachwerks, der heute in der Zeit von Silikonfugenkitt kaum mehr bedacht wird. Offenkundig ist im Laufe des 19. Jahrhundert die Vertäferung bei den meisten Häusern abgelöst worden durch eine andere Art hölzerner Außenhaut: die Verschindelung. Diese ist für den Nordostschwarzwald zwischen Pforzheim-Nagold-Altensteig-Freudenstadt-Wildbad-Neuenbürg besonders kennzeichnend. Wir haben in unserem Raum also eine besondere Entwicklung bei Fachwerkhäusern. Bemerkenswert ist dabei, dass man dem steten Drängen der Stuttgarter Zentralregierung auf brandhemmendes Verputzen der Fachwerkkonstruktionen nicht nachgekommen ist. Vielmehr wurde beharrlich, bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, an der teuren und pflegeintensiven hölzernen Fassadenverkleidung festgehalten.

Für diesen Typus, des verschindelten oder vertäferten Fachwerkhauses, ist Altensteig wahrscheinlich das besterhaltene Beispiel im Nordschwarzwald (Pforzheim wurde 1945 zerstört, Calw ist 1634 und 1692 verbrannt, Wildberg wurde 1945 teilzerstört, Nagold ist in großen Teilen 1840, 1850 und 1893 abgebrannt, Haiterbach wurde zum großen Teil 1945 niedergebrannt, Freudenstadt brannte 1945). In Altensteig hat es dagegen glücklicherweise nie einen Flächenbrand oder wesentliche Kriegszerstörungen gegeben. Einzelne Hausbrände konnten eingedämmt werden und abgerissene Häuser mit angepasstem Neubau ersetzt werden, so dass der Gesamtbestand von etwa 40 Häusern in der Oberstadt im Wesentlichen sein mittelalterliches Bild bewahren konnte.